Zum Tode von Oskar Schöndienst
Seit 1964 betrieb Oskar die Segelfliegerei als Mitglied des 1950 gegründeten Aero-Clubs Konstanz, der heute als Segelfluggruppe auftritt. Seine Brötchen verdiente er sich mit einem Pelzgeschäft beim Schnetztor, das er als Kürschner Meister jahrelang erfolgreich betrieb.
Das entscheidende Jahr 1975 begann äußerst turbulent. Der Konstanzer Flugplatz sollte durch Ratsbeschluss wieder einmal endgültig aufgelöst werden. Die noch verbliebene Handvoll Segelflieger suchte darauf hin ihr Heil in der Flucht zum Flugplatz Stahringen, einschließlich ihrer damit einhergehenden unvermeidlichen Vereinsliqidierung.
Oskar wollte diesem Kurs zusammen mit einigen wenigen Getreuen nicht folgen. Er rebellierte gegen den Vorstand weil er in Konstanz verbleiben wollte. Nach erfolgten Bruch ließ er sich deshalb im Juni 1975 zum neuen Vorsitzenden des Restvereins wählen.
Gleich danach stürzte er sich in die große Herausforderung eines kompletten Neuaufbaus. Hier nur die wichtigsten Punkte, die es zu stemmen galt.
- Zulassung des Windenstarts wieder in beide Richtungen.
- Anwerbung eines jungen ortsansässigen Fluglehrers
- Schulbetrieb mit vielen neuen Mitgliedern ab September 1975
- Neubelebung des Clubheimes durch regelmässige Treffen.
- Markante Steigerung der Startzahlen durch mehr Flugbetriebstage
- Publikumswirksame Werbeaktionen in Schulen und in der Stadt
- Anschaffung neuer Flugzeuge und Geräte
- Mannigfache Bautätigkeiten an den Immobilien und Maschinen des Vereins.
Am deutlichsten zeigte sich seine Führungsqualität an den Startzahlen und den Ausbildungserfolgen des Fliegernachwuchses. Von ganzen 200 Starts des Jahres 1974 ausgehend stieg die Startzahl auf über 1000 im Jahr 1978 an. Dadurch konnten während seiner zehnjährigen Dienstzeit zwei Fluglehrer und über 15 Nachwuchspiloten ausgebildet werden.
Stets war er präsent, antreibend und motivierend. Das Büro dieses grossen Organisators war die Fensterbank seiner Werkstatt – zugleich auch beliebter Anlaufpunkt für alle seine Fliegerfreunde.
Im Verlauf der Partnerschaft zwischen Konstanz und Fontainebleau bei Paris machte sich Oskar stark für eine freundschaftliche Verbindung zwischen dem Aeroklub Fontainebleau in Moret-Episy ( CVVFR) und dem Aero-Club Konstanz. Es erfolgten gegenseitige Besuche der Flieger mit und ohne Flugzeugen, meistens verbunden mit festlichen Empfängen in den deutschen oder französischen Rathäusern.
Besondere Highlights war die Auslobung eines gegenseitigen Segelflugs zwischen den Partnerstädten ( fast 500 km Luftlinie ) und die Taufe eines französischen Janus – Doppelsitzers auf dem Obermarkt in Konstanz.
Als dann 1980 der Zielflug aus der Winde in Konstanz nach Fontainebleau gelungen war, ließ es sich Oskar nicht nehmen, mit seinem großen Citroen den Piloten incl. St.Cirrus persönlich zurück nach Hause zu chauffieren.
1985 übergab er, schon nicht mehr ganz gesund, die Leitung des Aero-Club in jüngere Hände. Der Verein dankte ihm seinen großen Einsatz durch die Ernennung zum ersten und bisher einzigen Ehrenvorsitzenden.
Nun ist Oskar Schöndienst hochbetagt und schwerkrank in seinem Konstanzer Haus gestorben.
Er bleibt in der fast hundertjährigen Geschichte des Segelflugs in Konstanz unvergesslich festverankert als die herausragende Persönlichkeit, die durch Mut und Kraft das Überleben der Fluggruppe gesichert hat.
Er war der richtige Mann an der richtigen Stelle und zur richtigen Zeit.
Konstanz im November 2020
HL
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